World QRM Conference 2016, der zweite Tag (23.06.2016)

Controllersicht

Joyce Warnacut, USA, mit über 30 Jahren Erfahrung als Controller, CFO und VP in produzierenden Betrieben hält einen eindrucksvollen Vortrag über die Widersprüche der gängigen Controlling-Methoden und KPIs.

Sie macht interessante Vorschläge zu alternativen Bewertungsverfahren und neuen QRM-Messgrößen mit dem Fokus auf der Zeit.

Ich werde mir Ihr Buch kaufen.

Vertrauen

Sebastian Kotow aus Polen spricht anschließend über Vertrauen und warum und wann Vertrauen notwendig ist und wie es sich positiv auf unser Geschäft auswirkt.

Das fällt mir auf, der Mensch bzw. das Team steht bei QRM bei vielen Beiträgen im Vordergrund.

Kurzweilig.

RenewAire, USA

Dann noch vor der Mittagspause ein beeindruckender Vortrag von Chuck Gates, President of RenewAire, und Scott Forest zum Thema „Fast and Faster: RenewAire's never-ending Quest for more Speed to Market“. 

Die beiden präsentieren wie sich ihr Unternehmen seit 2003 kontinuierlich mit QRM weiterentwickelt hat. Vom kleinen Hersteller von Energierückgewinnungs-Luftaustauschern zum einem großen Player im Markt.

Obwohl etwa 35.000 Konfigurationen möglich sind, sind sie in der Lage doppelt so schnell zu liefern wie der Wettbewerb.

Es gelang den Umsatz zu vervier- und den Marktanteil zu versechsfachen. Die Marge stimmt, Löhne und Gehälter sind um 60% gestiegen und weniger als 8% des Umsatzes wird für den Overhead benötigt.

Man spürt direkt, diese beiden leben QRM und das ganze Unternehmen ist darauf ausgerichtet.

Und auch hier wieder stehen die Investitionen in Mitarbeiter im Fokus: Das Team ist wichtig, Crosstraining, QRM-Weiterbildung für alle, QRM-Buchclubs und MCT-Mapping Kurse für jeden.

Ich gehe mit jeder Menge neuer Eindrücke und Ideen zum Mittagessen.

Prika, Niederlande

Nach dem Mittagessen wieder die Qual der Wahl. Ich entscheide mich für einen Vortrag von Erik Hengst, CEO von Prika, einem 20 Mio USD-Unternehmen, das sich der Käseweiterverarbeitung verschrieben hat. Niederlande, natürlich.

Auch hier wieder eine Erfolgsgeschichte, die erst 2015 begonnen hat und noch am Anfang steht.

Durch Crosstraining, Kapazitätsaufbau und Vereinfachung der Abläufe im Büro und in der Produktion konnte der Stress für die Mitarbeiter und Überstunden reduziert werden, die Kundenzufriedenheit und die Qualität in der Produktion erhöht werden. 

ULEFOS ESCO, Norwegen

Anschließend der für mich beeindruckendste Vortrag. Björn Braathen, Werksleiter von ULEFOS ESCO in Norwegen erzählt völlig unaufgeregt davon wie er im Juli 2014 Rajan Suris Buch „It's About Time“ gelesen hatte und im August 2014 die Entscheidung getroffen hatte QRM zu implementieren.

Das Unternehmen produziert Ventile für Kanalisation-und Bewässungssysteme und macht einen Umsatz von ca. 30 Millionen USD.

Für mich überraschend auch hier die hohe Variantenvielfalt, 2500 Artikel mit mehr als 2 Millionen Konfigurationsmöglichkeiten, wenige davon mit vorhersehbaren Absatzzahlen und höheren Stückzahlen, die meisten mit kleinen Mengen und nicht prognostizierbar.

Im September 2014 ging es los mit einer Master Class bei Rajan Suri, anschließend ein Workshop für das Managementteam und dann MCT und Prozess-Analysen, Definition und Implementierung von QRM-Zellen, Crosstraining für die Teammitglieder.

Im Februar 2015 bereits war die Zelle voll operativ.

Ergebnis der Umstellung:

  • MCT vorher 44 Tage, jetzt 2 Tage.

  • Liefertreue von max. 50% auf 97% gesteigert. 30% weniger Nacharbeiten

  • und den Lagerbestand von 700.000 USD auf 400.000 USD reduziert.

Für das nächste Jahr ist geplant, jeden Auftrag, der bis Mittag eintrifft bereits am nächsten Tag auszuliefern.

Respekt.

Planung. High Level vs. Low Level

Ein hochinteressanter Vortrag von Jan Riezebos, Präsident des QRM Centers Europa, Universität Groningen, Niederlande, zur Planung. „Making planning more effective. Experiences with high-level MRP“ 

Jan Riezebos führt aus warum Planungen auf High-Level MRP-Basis den Planungen auf Low-Level MRP-Basis überlegen sind. Low-Level MRP steht dabei für die Art von MRP die wir überlicherweise in unseren ERP-System vorfinden: detaillierte Arbeitspläne, tief strukturierte Stücklisten, hohe Anzahl an Fertigungsaufträgen und daraus resultierend eine komplexe Planung. 

High-Level MRP versteht sich als QRM-Gegenentwurf dazu. Flache Stücklisten und Zellen statt Maschinen oder Personal erlauben eine einfachere und schnellere Planung deren Ergebnis in den vorgenommen Experimenten sogar näher an der Realität lag als die vermeintlich exakte Planung auf Detailebene.

Ich werde mit Jan Riezebos Kontakt aufnehmen und will mehr darüber erfahren.

OPW, Deutschland

Mein letzter Erfahrungsbericht, diesmal von Uwe Hildebrand Geschäftsführer der Firma OPW, einem Hochpräzisionsmessgerätehersteller aus dem Schwäbischen.

Der Geschäftsführer berichtet von seinen Erfahrungen bei der Einführung von QRM während der letzten 2 Jahre.

Besonders die Definition der Zellen und die Zusammensetzung der Teams stellten eine größere Herausforderung dar, bei deren Lösung das ganze Unternehmen einbezogen wurde.

Erste Erfolge stellen sich bereits ein, die Teamstrukuren haben sich etabliert und die gesamte Unternehmenskultur wäre offener geworden.

Der Geschäftsführer ist optimistisch für die Zukunft, aber so höre ich heraus, das Unternehmen steht erst am Anfang. 

Fazit

Es waren zwei vollgepackte Tage. Gute Redner, interessante Workshops und zahlreiche Erfahrungsberichte von verantwortlichen Managern aus Unternehmen, die QRM einsetzen oder gerade darauf umstellen haben mich neugierig gemacht auf mehr. 

Vielleicht ist es doch möglich mit QRM das Unmögliche zu erreichen:

  • Mehr Effizienz,

  • bessere Qualität,

  • weniger Overhead,

  • höhere Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit,

  • gleichzeitig niedrigere Lagerbestände

  • und - nicht zu vergessen - mehr Spass bei der Arbeit.